The historical legacy

Proper evaluation of our historical legacy filters the experiences of the past to the benefit of the plans for the future.

At around the turn of the 20th century, inspired minds from all fields of the applied and liberal arts believed they had to disassociate themselves from the legacy of history and, assuming the pose of a revolutionary, to throw overboard all the obligations and burdens that had been passed down.

At the beginning of the 19th century, the calm of classicism was able to put a dignified damper on the temperamental outbreaks of the Baroque and Rococo periods, and thus the inclination of this period of advancing enlightenment appeared to suffocate in the clutter of all styles. unless one dares to compare it with the radical social changes brought about by the French or Russian revolutions, this reaction had no precedent in history. The latter originally identified itself with the endeavours of its young artists, until their pursuit of freedom became too great a peril to its system of rule.

The final split with plush and scrap was consummated with the collapse of europe's royal and imperial courts. Along with the aristocracthe church also finally withdrew as a patron of culture.

The artists exchanged financial hardships for their freedom of subject and expression. This led to real eruptions, which found their most extreme forms in expressionism. For the first time in history, the artist was able to comment on social problems and express them critically without inhibition. This was brought to an abrupt halt by the dictatorships that followed shortly after. however, once initiated, it was no longer possible to reverse the flow of developments.

Architecture had limped some distance behind the art of painting, but was nonetheless able to achieve definitive formation of its concepts in the 1920s. The pure engineering architecture of the mid 19th century paved the way for the upheaval of architecture, albeit without adopting a revolutionary pose.

A lot of new experiences had to be made under these new socio-political conditions; others had to be thrown overboard. Regrettably, too much has been surrendered in the field of architecture and urban planning, without its consequences having been properly assessed. I do not understand how an artist as great as Le corbusier could be capable of urban aberrations as catastrophic as those he formulated in his Cité radieuse. And a number of his con-temporaries and successors were unquestioning in their approval of this Modernism. it is high time to clear up matters with unreflected admiration and to reseal the gaps we have knocked open in the full knowledge of a sensible architecture. it is also for this purpose that I have compiled the material in this book.

Allow me to repeat here a few sentences from the closing paragraph of my book Urban Space:

Our ailing sense of history is to blame for some of the misinterpretations of the past and also characterises our relationship with the future. it is sheer blindness to wish to absolve oneself from the legacy of the past. in doing so, one robs oneself of a source of experience built up over thousands of years. The pioneers of Modernism would often frivolously flaunt this attitude around the beginning of the century. however, they had all enjoyed a sound upbringing and were very well enlightened about history. This attitude can be explained as a reaction of defiance, intended above all to apostrophise their standing visà- vis the Academy students who persevered in the mustiness of old ways, albeit that they themselves were the same. The situation was different with the pioneers' students and later with their students in turn. They believed they could dispense with the basis that had licensed the pioneers' progression into Modernism. And now, armed with this meagre knowledge, we must rework so much that has been neglected. I have a slight inkling that a new pioneer situation will emerge from this.

We have experienced how little is achieved by technical progress and how quickly the sheen of innovation fades when it is founded on nothing more than technical novelty. This does not belittle the merits of experimental technology; it merely puts them into perspective. it must beware of the desire to lead an entire evolution as a sole agent with an unjustifiable claim to universality.

I would go so far as to profess that, today, it is more useful to emulate something that is old and proven, than to create something new with the risk that people suffer a loss in consequence. countless generations have improved and honed the rational and intriguing building types and urban space structures that have been passed down to us in the anonymity of bygone architecture. even without the ingenious sole creator, these have matured into masterpieces by virtue of a perfectly attuned knowledge of the demands of construction using simple means. They are the result of a correctly understood tradition for passing on technical and artistic experience.

Das geschichtliche Erbe

Die richtige Wertschätzung des geschichtlichen Erbes filtert die Erfahrungen der Vergangenheit zum Gewinn der Planungen für die Zukunft.

In allen Bereichen der angewandten und freien Künste glaubten die genialen Geister um die Wende zum 20. Jahrhundert, sich vom geschichtlichen Erbe lossagen und mit einer revolutionären Gestik jegliche überkommene Bindung und Belastung über Bord werfen zu müssen.

Konnte zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Ruhe des Klassizismus den Temperamentsausbrüchen von Barock und Rokoko einen gediegenen Dämpfer aufsetzen, so schien die Neige dieses Zeitabschnitts mit fortschreitender Aufklärung im Gerumpel aller Stile zu ersticken. Die oben erwähnte Reaktion war in der Geschichte ohne Vorbild, es sei denn, man wagt den Vergleich mit dem sozialen Umbruch durch die Französische oder Russische Revolution. Letztere identifizierte sich anfangs auch mit den Bestrebungen ihrer jungen Künstler, bis deren Freiheitsstreben dem Herrschaftssystem zu gefährlich wurde.

Der endgültige Bruch mit Plüsch und Plunder vollzog sich mit dem Zusammenbruch der Königs- und Kaiserhäuser Europas. Mit der Aristokratie dankte auch die Kirche endgültig als Kulturträger ab.

Mit finanziellen Entbehrungen erkauften sich die Künstler ihre Themen- und Ausdrucksfreiheit. Dies mündete in wahren Eruptionen, die im Expressionismus ihre extremste Form fanden. Zum erstenmal in der Geschichte konnte der Künstler die gesellschaftlichen Probleme unumwunden kommentieren und kritisch darstellen. Die kurz darauf folgenden Diktaturen haben dies jäh wieder unterbunden. Aber die einmal eingeleitete Entwicklung konnte nicht mehr zurückgedreht werden.

Die Architektur hinkte der Malerei zwar um einiges hinterher, konnte aber in den 1920er Jahren definitiv ihre Vorstellungen ausformen. Die reine Ingenieurbaukunst konnte schon Mitte des 19. Jahrhunderts den Umbruch der Architektur vorbereiten, ohne allerdings eine revolutionäre Haltung einzunehmen.

Unter diesen neuen gesellschaftspolitischen Bedingungen mußten erst einmal viele Erfahrungen neu gemacht, andere über Bord geworfen werden. Leider ist im Bereich der Architektur und des Städtebaus zu viel geopfert worden, ohne daß die Konsequenzen richtig eingeschätzt wurden. Ich verstehe nicht, wie dem großartigen Künstler Le Corbusier so katastrophale städtebauliche Irrtümer unterlaufen konnten, wie er sie in seiner cité radieuse formulierte. Und einige seiner Zeitgenossen und Nachfolger spendeten diesen Modernismen bedingungslos Beifall. Es ist höchste Zeit, mit unreflektierter Bewunderung aufzuräumen und die Lücken, die im Wissen um ein vernünftiges Bauen mutwillig geschlagen wurden, wieder zu stopfen. Auch zu diesem Zweck habe ich das Material in diesem Buch zusammengetragen.

Lassen Sie mich einige Sätze aus dem Schlußwort von Stadtraum wiederholen:

Unser krankes Geschichtsbewußtsein ist an manchen Fehlinterpretationen der Vergangenheit schuld und charakterisiert auch unser Verhältnis zur Zukunft. Es ist reine Blindheit, sich von dem geschichtlichen Erbe entbinden zu wollen. Damit beraubt man sich der Erfahrungsquelle von mehreren Jahrtausenden. Diese Haltung ist Anfang des Jahrhunderts von den Pionieren der Moderne oft frivol ausposaunt worden. Sie alle hatten jedoch eine solide Erziehung genossen und waren über die Geschichte sehr wohl aufgeklärt. Diese Haltung läßt sich als eine Trotzreaktion erklären, die vor allem ihren Standort apostrophieren sollte, gegenüber den noch im alten “Muff” verharrenden Akademieschülern, die sie ja auch selbst waren. Anders verhielt es sich mit den Schülern der Pioniere und wiederum mit deren Schülern. Sie glaubten, auf die Basis, die den Pionieren die Entwicklung der Moderne gestattet hatte, verzichten zu können. Und mit diesem ärmlichen Know-how ausgestattet, müssen wir heute viel Versäumtes nacharbeiten. Ich habe die leise Ahnung, daß uns hieraus eine neue Pioniersituation erwächst.

Wir haben erfahren, wie wenig der technische Fortschritt bewirkt und wie schnell der Glanz der Erfindungen verblaßt, wenn nicht mehr als die technische Neuheit dahinter steht. Das schmälert nicht die Verdienste der experimentellen Technologie, es relativiert sie nur. Sie muß sich hüten, alleinvertretend eine ganze Entwicklung anführen zu wollen mit einem nicht zu rechtfertigenden universellen Anspruch.

Ich gehe so weit, zu behaupten, daß es heute nützlicher ist, etwas Altes, Bewährtes nachzumachen, als etwas Neues zu erstellen, das das Risiko eingeht, daß Menschen davon Schaden erleiden. Die vernünftigen und faszinierenden Haustypen und Stadtraumstrukturen, die uns die anonyme Baukunst überliefert hat, sind von unzähligen Generationen verbessert worden. Sie sind zu Meisterwerken herangereift auch ohne den genialen Einzelschöpfer, aufgrund eines perfekt optimierten Wissens um die Bedürfnisse des Bauens mit einfachen Mitteln. Sie sind das Ergebnis einer richtig verstandenen Tradition als Erfahrungsübermittlung in Technik und Kunst.